Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, einen Schatz zu finden. Im eigenen Garten. Richtig wertvoll. 1907 wurde dieser Traum in Schüttorf Wirklichkeit. Denn da fand man bei Abrissarbeiten auf dem Grundstück Schevel in der Steinstraße 19 einen Schatz mit alten Münzen. Lange hat man gerätselt, wer dort diesen Schatz vergraben hatte. Dr. Edel hat dann 1957 versucht, das Rätsel zu lösen.
Sicher war, dass der Schatz vor allem aus alten Münzen bestand, die dort in einem sogenannten Grapen, einem alten Kochgeschirr, das zu derzeit wohl in jedem Schüttorfer Haushalt zu finden war, vergraben worden sind. Die Münzen selbst stammten aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Darunter auch Taler aus der sogenannten Kipper- und Wipperzeit.
Betrug beim Kippen und Wippen
In der sogenannten Kipper- und Wipperzeit (1620-1622) fand in weiten Teile Deutschlands eine Münzentwertung statt. Der Name leitet sich von der Praktik der betrügerischen Münzentwertung ab, nämlich dem Wippen der Waagbalken beim Auswiegen der Münzen und dem anschließenden Kippen (niederdeutsch für „Aussortieren“) der schwereren Stücke, aus denen dann unter Zugabe von Kupfer, Zinn oder Blei geringerwertige neue Münzen hergestellt wurden.
Dr. Edel führt an, dass die Münzen dort wohl zur Zeit des Siebenjährigen Krieges (1756 – 1763) vergraben worden sind, um sie vor dem Zugriff marodierender Soldaten zu schützen.
Das Geld der Witwe Egbrinkhoff
Offen bleibt nur die Frage, wer hat sie dort vergraben? Und warum bliebe sie dort bis 1907 versteckt? Auch darauf fand Dr. Edel eine Antwort.
Das betreffende Haus war früher als Schüttorf Nr. 28 aufgeführt und soll seit 1636 sehr lange im Besitz der Müllerfamilie Egbrinkhoff gewesen sein. Hier ist anzumerken, dass im Adressbuch von Schüttorf aus dem Jahre 1630 der Name Egbrinkhoff nicht aufgeführt ist, Zu Beginn des 18. Jahrhundert wohnte dort Gerd Egbrinkhoff mit seiner Frau Fenne, die jedoch sehr früh verstarb. Da nahm Müllermeister Gerd die Elisabeth Boneker zu seiner zweiten Frau. Diese Ehe blieb allerdings kinderlos. Am 10. September 1755 verstarb Gerd Egbrinkhoff, seine Frau Elisabeth folgte ihm drei Jahre später im Alter von 58 Jahren ins Grab.
Schlimme Kriegszeiten in Schüttorf
Nach Dr. Edel erlebte Elisabeth Egbrinkhoff also noch als alleinstehende Witwe die Anfänge des Siebenjährigen Krieges. Diese Kriegszeiten waren für alle Schüttorfer nicht leicht, insbesondere nicht für alleinstehende Frauen. Französische Husaren machten als Marodeure die Gegend unsicher. Raub und Erpressung waren an der Tagesordnung.
Besonders schlimm traf es Schüttorf im Februar 1758, als französische Truppen sich aus Ostfriesland zurückziehen mussten. Eine ganze Armee zog damals durch die Obergrafschaft. Die Soldaten haben bei den Bürgern und Bauern „entsetzlich gehauset“. Insbesondere Soldaten, die sich von der Truppe entfernten, marodierten die Landstriche, brandschatzten und töteten viele Bewohner.
So berichteten Chroniken, dass am 17. April 1761 der Bauer Wegkamp von Soldaten niedergeschlagen und ihm sein Geld, aber auch Gold und Silber geraubt wurde. Änliches widerfuhr auch dem Schüttorfer Bürgermeister te Gempt, der auch ausgeraubt wurde. Am gleichen Tag wurden die Frau und die beiden Schwestern vom Vogt Kock auf der Lilienstraße brutal zusammengeschlagen.
Das Geheimnis mit ins Grab genommen
Aus Angst vor Plünderungen oder Erpressungen vergruben damals viele Bürger ihre Wertsachen und vor allem ihr Geld, damit die Marodeure es nicht finden. So auch wohl die Witwe Elisabeth. Dr. Edel schrieb darüber: „Wir sehen die Witwe Egbrinkhoff vor uns, wie sie im Stübchen ihr ererbtes Vermögen sorgsam in den bronzenen Grapen verpackt, mit einer Strickjacke zudeckt, eine Bohle aus dem Fußboden hochhebt, eine Vertiefung in dem darunter liegenden Erdreich aushebt und den Grapen hineinsenkt, dann das Ganze wieder mit Erde zudeckt und die Fußbodenbretter wieder fest vernagelt.“ So war das Vermögen der Witwe Elisabeth erst einmal in Sicherheit. Pech nur, dass sie kurz darauf verstarb, ohne jemanden mitzuteilen, dass sie dort etwas vergraben hatte.
Im Jahr 1760 zog dann der junge Müller Egbert Egbrinkhoff, Sohn aus erster Ehe des Gerd Egbrinkhoffs, in das Haus in der Steinstraße 19, das somit weiterhin im Besitz der Familie blieb. Im Jahr 1833 wohnte dort dann Egbert von Holtz. Schließlich erwarb es Georg Schevel, der hier jahrelang eine der größten Bäckereien Schüttorf betrieb.
(Quelle: Das Geheimnis des Münzschatzes entschleiert, von Dr. Ludwig Edel, in Heimatverein Grafschaft Bentheim Jahrbuch 1957; Fotos: Heimatverein Schüttorf, Wikipedia, privat)